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Rainer Unruh - 13. November 2019, 13:42 Uhr - 4x4 Allrad NEUHEITEN

Kia e-Niro: Wie war das mit der Reichweite?

Elektroautofahrer der ersten Stunde müssen umdenken. Mit Autos wie dem Kia e-Niro ist die weit verbreitete Reichweitenangst kein Thema mehr. Der Motor-Informations-Dienst (mid) hat es in und um Berlin ausprobiert.

Morgens zur Arbeit von Berlin nach Potsdam. Am Spätnachmittag zurück nach Hause. Schon ist man eine Distanz von 90 Kilometern gefahren. Danach noch zum Sport. Das Studio ist dummerweise 15 Kilometer entfernt. Macht hin und zurück zusätzliche 30 Kilometer. Zwischendurch noch kurz einkaufen und nach dem Sport vielleicht zur Freundin. Locker kommen insgesamt 140 Kilometer zusammen.

Mit den E-Autos der ersten Generation ein Abenteuer, wenn es zwischendurch keine Auflademöglichkeit gibt und ein Super-Abenteuer, wenn bei der Freundin über Nacht - etwa im Hochhaus in Berlin-Hellersdorf - kein Strom nachgeladen werden kann. Dann ist die Fahrt am nächsten Morgen zur Arbeit nach Potsdam nicht mehr drin. Zumindest nicht in herkömmlichen E-Autos.

Mit dem Kia e-Niro allerdings ist die aufgeführte Strecke kein Problem. Sie lässt sich sogar dreimal zurücklegen. Das heißt: Zweimal bei der Freundin übernachten und dennoch ist genügend Rest-Strom im Akku des e-SUV, um wieder zur Arbeit zu kommen. Wenn man denn will. Liegenbleiben weil Akku leer - das geht ganz schwer. Denn der stärkste Kia e-Niro mit 150 kW/204 PS und einer Batteriekapazität von 64 kWh hat eine Reichweite von bis zu 455 Kilometern.

Wer jede Nacht der Woche bei der Freundin übernachten möchte, benötigt, wenn der e-Niro-Akku noch 20 Prozent oder 91 Kilometer Reichweite hat, eine Ladesäule, um dann mit dem Schnellladegerät innerhalb von 42 Minuten auf 80 Prozent (= 364 Kilometer) wieder aufzutanken. Dann steht sogar dem Wochenendtrip von Berlin an die Ostsee nichts mehr im Wege. Will man mit dem e-Niro eine noch längere Strecke fahren, muss man also immer wieder mal eine 42-minütige Pause einlegen - und schon ist der Traum von der Urlaubsreise Realität.

Der Kia e-Niro sieht zudem noch recht peppig aus. Kurze Front, schönes Hinterteil, coupéhafte Seitenlinie. Das ist keineswegs bieder! Erst mit dem zweiten Intensivblick lässt sich das Auto von außen als Stromer identifizieren. Kein Auspuff, logisch, und hinter der rechten Frontklappe, dort wo der Stecker aufgeprägt ist, befindet sich die Öffnung fürs Aufladekabel. Das war's auch schon! Auch beim Gepäck muss niemand Abstriche machen. 451 Liter bis 1.405 Liter, wenn alles umgeklappt ist, gehen hinten rein. Also das eigene und das Mountainbike der Freundin. Bei herausgespannten Vorderrädern versteht sich.

Der Innenraum ist edel gestaltet. Strapazierfähige Stoffe, Ziernähte in unterschiedlichen Farben, Kunstleder - das sieht gut aus. Einzig das Lenkrad mit seinen vielen Tasten und ebenso die überbordende Mittelkonsole mit noch mehr Tasten verwirren bei der ersten Bedienung. Ältere Menschen oder ungeübte Fahrer könnten da gewisse Berührungsängste verspüren. Hingegen ist die Bedienung des Drehschalters für die Fahrstufenwahl auf der Mittelkonsole ein Kinderspiel. Startknopf gedrückt, Schalter auf D gestellt, Fahrpedal - so heißt das "Gaspedal" von E-Autos - durchgedrückt und ab geht's in 7,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h.

Die Straßenlage ist gut, denn die über 450 Kilo schwere Batterie im Unterboden hält den e-Niro sicher auf der Straße. Allerdings leidet die Federung ein wenig am extremen Gewicht. Unebenheiten werden keinesfalls weich gemeistert. Dafür sitzt es sich sehr gut in dem elektrischen Koreaner. Fahrer und Beifahrer haben genügend Platz, trotz der breiten Mittelkonsole. Auch hinten können 1,90 Meter große Menschen bequem sitzen. Genauso bequem übrigens wie in einem herkömmlichen SUV.

Fünf Fahrmodi bietet Kia für seinen e-Niro. Der vielleicht Wichtigste ist der sparsame Eco+ Modus. In dem bleibt die Klimatisierung ausgeschaltet. Außerdem wird die Höchstgeschwindigkeit auf 90 km/h begrenzt. So schafft es der e-Niro, falls der Akku doch mal zur Neige geht, meistens noch zur nächsten Ladesäule. Volles Lob gibt es auch für die beiden Lenkradpaddel. Mit denen lässt sich die Rekuperation (Aufladung beim bremsen) einstellen. Bestenfalls können so laut Kia 80 Prozent der Bremsenergie in Strom umgewandelt werden.

Sollte es bei der Fahrt im e-Niro einmal unerwarteterweise langweilig werden, weiß wohl jeder, was zu tun ist: rekuperieren üben, mit den Lenkradpaddeln. Ein kleiner Ansporn dazu: Es soll Menschen gegeben haben, die mit dem Kia e-Niro 500 Kilometer am Stück geschafft haben.

Rainer Unruh / mid

Technische Daten: Kia e-Niro 64-k Wh:

Länge / Breite / Höhe: 4,37 / 1,84 / 1,56 m

Motor: Elektromotor mit Frontantrieb

Leistung: 150 kW/204 PS

Max. Drehmoment: 395 Nm bei 0 - 3.600 U/min

Max. Reichweite (WLTP im City-Zyklus): 615 km

0 bis 100 km/h: 7,8 s

Spitze: 167 km/h

Stromverbrauch: 15,9 kWh/100 km

Preis: ab 38.090 Euro

Dieser Artikel aus der Kategorie 4x4 Allrad Auto NEUHEITEN wurde von Rainer Unruh am 13.11.2019, 13:42 Uhr veröffentlicht.