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5Volvo XC60 B4 Diesel Mild-Hybrid: Wikinger mit Kurvenangst
mid Groß-Gerau - Junger Schwede: Der Volvo XC60 rollt mit Modifikationen der Technik und des Innenmobiliars ins Modelljahr 2021. Volvo
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Klaus Brieter - 10. Mai 2021, 10:04 Uhr - 4x4 Allrad NEUHEITEN

Volvo XC60 B4 Diesel Mild-Hybrid: Wikinger mit Kurvenangst

Mit den Modellpflegemaßnahmen des 2021er-Modells lässt Volvo das ästhetische Äußere des XC60 unbehelligt und konzentriert sich auf innere Werte. In Sachen Fahrt-Tempo ist der Philosophie-Stempel auf verschieden Ebenen spürbar. Das hat der Motor-Informations-Dienst (mid) im Praxistest erfahren.


Mit den Modellpflegemaßnahmen des 2021er-Modells lässt Volvo das ästhetische Äußere des XC60 unbehelligt und konzentriert sich auf innere Werte. In Sachen Fahrt-Tempo ist der Philosophie-Stempel auf verschieden Ebenen spürbar. Das hat der Motor-Informations-Dienst (mid) im Praxistest erfahren.

Getreu dem Grundsatz: "Never change a winning team" hielt sich Volvo bei seiner Modell-Kosmetik für den XC60 besonnen zurück. Zumindest, was die Optik angeht. Warum auch: Das Design wirkt nach wie vor frisch und ist sicher mit entscheidend, warum die XC60-Baureihe die erfolgreichste im derzeitigen Portfolio der schwedischen Marke rangiert.

Kein Wunder also, dass der Schwerpunkt der Modifikationen eher bei den Details in der technischen Ausstattung und im Innenraum liegt. Mit seinem äußeren Erkennungsmerkmal, den T-förmigen Tagfahrleuchten dem "Thors Hammer"-Motiv, kokettiert der XC60 auch weiterhin sehr speziell mit seiner nordischen Herkunft.

Den skandinavischen Charakter betont der Volvo mit neu abgestimmten Farben und Materialien des Innenmobiliars. Die Mittelkonsole wird weiterhin vom Touchscreen-Bildschirm in wuchtiger Tablet-Größe dominiert. Es ist das Herzstück der Bedienphilosophie, die nahezu völlig auf klassische Hebel und Schalter verzichtet. Wer den Rhythmus von Wischen und Tippen mit den Fingern begriffen hat, findet allmählich in die Tiefen des Systems hinein. Aber andersartig bedeutet nicht unbedingt besser.

Das lässt sich am Beispiel der Klimaanlage festmachen. Zwar ist der Temperaturregler ohne Wischen direkt erreichbar. Aber er muss exakt angetippt werden, wenn die gewünschte Zahl der Temperaturskala ausgewählt werden soll. Schlecht, wenn eine kleine Bodenunebenheit die Hand in Schwingung versetzt und das Wohlfühlklima um mehrere Grad verfehlt wird. "Alte" Drehregler sind in ihrer Haptik eben nicht zu schlagen.

Etwas enttäuschend gibt sich das aktuelle Navigationssystem im Volvo. Offensichtlich geht es meist davon aus, dass der Umweg über die Autobahn schneller zum Ziel führt - womit es bei den Testfahrten mehrfach falsch liegt. Das kann jedes TomTom besser.

Neu ist die dritte Generation der Drive-E-Motoren, die durch die Bank als Mild-Hybride in die XC60-Baureihe implantiert werden. Der mid probierte diese Antriebsart mit dem Vierzylinder-Basis-Diesel (B4) aus, der immerhin schon mit 197 PS unterwegs ist. Für das Schalten ist in allen Versionen eine komfortabel arbeitende Achtgang-Automatik zuständig. Das früh einsetzende üppige Drehmoment von 400 Newtonmetern (Nm) macht dem Frontantrieb beim spontanen Anfahren schon mal zu schaffen, sodass die Traktionskontrolle die Antriebsräder am Durchdrehen hindern muss. Wen diese Tendenz stört, der sollte gleich den allradgetriebenen B4 AWD ordern.

Seltsam mutet es an, wenn der kräftige Diesel auf der leeren und schnurgeraden Autobahn bei gefühlten 160 km/h seine Beschleunigung sanft beendet. Der Grund: Bei (fast) allen aktuellen Volvos greift bei 180 km/h die elektronische "Absicherung" ein, die offiziell als Verkehrssicherheitsmaßnahme publiziert wird. Dabei ist Tempo 180 ein willkürlicher Wert, der bei den Kunden überwiegend noch akzeptierbar sei, wie der Volvo-Chef gegenüber dem mid zugeben musste.

Differenziert kann auch der neue Geschwindigkeits-Assistent gesehen werden. Bei eingeschaltem Tempomat reduziert er das vorgewählte Tempo laut Beschreibung vor "scharfen" Kurven, wenn es zu hoch erscheint. Warum die Fuhre bereits vor langgezogenen, gut einsehbaren Kurven in Richtung Schleichfahrt tendiert, mag je nach Fahrer-Naturell als störend oder entspannend bewertet werden. Als Alternativen stehen ein nicht so stark eingreifender "Sport-Modus" oder das Abschalten bereit.

Die genannten Eigenarten schmälern keinesfalls die zahlreichen Maßnahmen, die der XC60 in Sachen aktiver und passiver Sicherheit bietet. Schade nur, dass sich Volvo den guten Ruf als Produzent besonders sicherer Autos im Einzelfall extra bezahlen lässt. Ein Beispiel: Das "IntelliSafe-Paket Pro" etwa mit Pilot Assist, IntelliSafe Surround und Cross Traffic Alert (CTA) treibt im Testwagen in der ohnehin üppigeren Ausstattungsvariante "R-Design" den Preis um weitere 1.650 Euro in die Höhe.

Die anderen dicken Brocken sind im Xenium-Paket (4.400 Euro), in dem auch das hervorragende Head-up-Display integriert ist, in der Bowers & Wilkins Sound-Anlage (2.460 Euro) und im adaptiven Fahrwerk mit Luftfederung (2.280 Euro) identifiziert. Letztlich schnurrte der Preis des Testwagens von 56.250 Euro um fast 17.000 Euro in die Höhe.

Fazit: Der 21er-Jahrgang des Volvo XC60 ist ein attraktiver Reisewagen, in dem man sich wohlfühlen kann. Sein sicheres Fahrverhalten, das mit der Luftfederung einen besonders hohen Komfort bietet, gefällt ebenso wie die Qualitätsanmutung. Selbst mit dem Basisdiesel ist das Mittelklasse-SUV keine lahme Krücke - auch wenn bei Tempo 180 dann doch Schluss ist.

Klaus Brieter / mid

Technische Daten Volvo XC60 B4 Mild-Hybrid R-Design:

- Länge / Breite / Höhe: 4,69 / 1,90 / 1,66 Meter

- Dieselmotor: Vierzylinder-Turbo Mild-Hybrid mit Direkteinspritzung

- Hubraum: 1.969 ccm

- Leistung: 145 kW/197 PS

- max. Drehmoment: 400 Nm

- Elektromotor: ISG Startergenerator

- Leistung: 10 kW/14 PS

- max. Drehmoment: 40 Nm

- Getriebe: Geartronic Achtgang-Automatik

- Beschleunigung 0 bis 100 km/h: 8,3 Sekunden

- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h (elektronisch abgeregelt)

- Normverbrauch (WLTP): 6,3 l/100 km

- CO2-Emissionen: 164 g/km

- Preise: ab 46.800 Euro (B4 Momentum Benziner)

- Testwagenpreis: 73.020 Euro

Dieser Artikel aus der Kategorie 4x4 Allrad Auto NEUHEITEN wurde von Klaus Brieter am 10.05.2021, 10:04 Uhr veröffentlicht.