ALLRAD-NEWS

Klaus Brieter - 2. November 2015, 11:03 Uhr - 4x4 Allrad NEUHEITEN

Infiniti Q30: Spätzle mit Sushi aus englischer Küche

Eine Kooperation vom Renault-Nissan-Konzern mit Mercedes macht es möglich: Die französisch-japanische Auto-Allianz modelt den schwäbischen GLA um und schraubt ihn als Infiniti Q30 in England zusammen. Und schon steht ein neues Premium-Fahrzeug der unteren Mittelklasse auf den Rädern.

Eine Kooperation vom Renault-Nissan Konzern mit Mercedes macht es möglich: Die französisch-japanische Auto-Allianz modelt den schwäbischen GLA um und schraubt ihn als Infiniti Q30 in England zusammen. Und schon steht ein neues Premium-Fahrzeug der unteren Mittelklasse auf den Rädern.

Ja, es ist ein Mercedes. Nein, es ist doch kein Mercedes. Aber ein bisschen Renault. Mehr noch Nissan. Auf jeden Fall ein Infiniti. Ging das zu schnell? Dann fangen wir mal etwas langsamer an. Als die Automobil-Hersteller Nissan und Renault zu einem Konzern verschmolzen, brachte Nissan seine Nobelmarke Infiniti mit in die Ehe. Die profitiert aktuell ganz intensiv von einer strategischen Kooperation zwischen Renault-Nissan und Daimler. Denn längst geht es nicht mehr nur um den Austausch von Motoren und Antriebs-Systemen. Das beweisen auch die ungleichen Zwillinge Renault Kangoo mit Mercedes Citan oder Renault Twingo mit Smart Forfour. Kein Wunder also, dass der brandneue Infiniti Q30 - mit dem sich die Edelmarke zum ersten Mal in die untere Mittelklasse wagt - auf der technischen Plattform der A-Klasse aufbaut.

Aber man täte dem Q30 unrecht, wenn man ihn lediglich als maskierten Mercedes GLA bezeichnen würde. Denn das Design der Außenhaut und die Möblierung des Innenraums schaffen eine völlig eigenständige Anmutung. Zudem haben die Infiniti-Entwickler etlichen technischen Komponenten - wie zum Beispiel dem Fahrwerk und den DSG-Getrieben - eine abweichende Charakteristik verpasst. Außerdem tauchen im Motoren-Angebot neben den bekannten Mercedes-Aggregaten auch alte Bekannte aus den hauseigenen Regalen auf.

Am deutlichsten ist die enge Bindung an Mercedes bei den Bedienelementen und den Cockpit-Armaturen sichtbar. An dieser Stelle scheut sich Infiniti nicht einmal davor, die originalen Schalter der Schwaben samt der zum Teil ungünstigen Platzierung wie die tief angebrachten Klimaregelungs-Knöpfe und die Handbremsaktivierung auf er linke Seite der Lenksäule zu übernehmen. Positiv: Die einfache Bedienung gibt dem Fahrer keine Rätsel auf. Der etwas tiefer als in der A-Klasse angebrachte Bildschirm für Navigation und Infotainment fügt sich zwar harmonischer ins Armaturenbrett ein, zwingt aber dazu, den Blick stärker von der Straße abzuwenden, wenn man ihm Aufmerksamkeit schenkt. Zum Ausgleich verströmt der akkurat verarbeitete Innentrimm mit vorwiegend edlen Materialien und auffälligen Steppnähten ansatzweise einen gediegenen Luxus.

Wir erledigten den Probegalopp im Q30 mit 2,2-l-Dieselmotor mit 125 kW/170 PS, der dank seines ansehnlichen maximalen Drehmoments von 350 Nm locker mit dem Eineinhalb-Tonner umgeht. Abgesehen von der kernigen Geräuschkulisse beim Hochdrehen verrichtet der Vierzylinder seine Arbeit angenehm leise und diskret. Das Fahrwerk des Fronttrieblers glänzt durch angenehmen Komfort selbst bei langwelligen Bodenunebenheiten. Lediglich kurze Ereignisse, wie das Überfahren von Straßenfugen oder Kanaldeckeln werden den Insassen deutlich gemeldet. Für den Infiniti jedenfalls gelohnt hat sich der Feinschliff am DSG-Getriebe: Die Gangwechsel werden deutlich eleganter erledigt als im deutschen Pendant.

Insgesamt umfasst das Motorenangebot zwei Diesel- und drei Benzin-Versionen, die jeweils in der stärksten Ausführung mit Allradantrieb (beim Diesel optional) gekoppelt sind. Wer's sportlich mag, wird sich für den Q30 S mit 2,0-Liter-Turbobenziner mit 155 kW/211 PS interessieren, der um 20 Millimeter abgesenkt und mit steiferen Federn sowie progressivem Lenksystem ausgestattet ist. Bei den Ausstattungs-Linien, die hauptsächlich das Exterieur - etwa Optik und Rädergrößen - beeinflussen, sind oberhalb der Basis noch die Linien "Premium" und "Sport" zu haben.

Den Premium-Anspruch unterstreicht der Inifiniti auch durch die umfangreiche Ausstattung mit Fahrer-Assistenzsystemen, die unter dem Begriff "Safety Shield" gebündelt sind. Dafür ist je nach Getriebeversion jedoch ein Aufpreis von 1.450 Euro bis 2.050 Euro fällig. Apropos Preise: Sie reichen von 24.200 Euro für den 1.6i mit 122 PS, 6-Gang-Schaltgetriebe und Frontantrieb bis 43.720 Euro für den 2,0i mit 211 PS, 7-Gang-DSG, Allradantrieb in der Ausstattung "Sport City Black".

Und für wen ist der Infiniti Q30 gedacht, der ab sofort bestellbar ist und ab Anfang 2016 im nordenglischen Sunderland vom Band rollt? Für Kunden, die zwar bewährte Großserien-Technik in Kombination mit Luxus schätzen, aber mit einem Auto unterwegs sein wollen, das man nicht an jeder Ecke sieht. Diese Interessenten müssen auch davor keine Angst haben, dass Infiniti in der unteren Mittelklasse plötzlich durch hohe Stückzahlen glänzt. Denn derzeit verkauft Infiniti alle seine Modelle nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit: In Deutschland haben lediglich sechs Händler die Lizenz zum Dealen, der südlichste Showroom befindet sich in Frankfurt am Main. Infiniti weiß um dieses Dilemma, schweigt aber noch, wie es gelöst werden soll. Spätzle mit Sushi gibt es schließlich auch nicht an jeder Ecke.

Klaus Brieter/mid

Technische Daten Infiniti:
Fünftüriges, fünfsitziges Kompakt-SUV, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Metern: 4,43/2,08/1,50/2,70, Leergewicht 1.522 kg, max. Zuladung: 498 kg, Kofferraumvolumen: 368 l, Wendekreis: 11,4 Meter, Bodenfreiheit: 21 cm, Tankinhalt: 50 l.
Motor: 2,2-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel, Leistung: 125 kW/170 PS bei 3.400/min - 4.000/min, max. Drehmoment: 350 Nm bei 1.400/min - 3.400/min, Siebengang-Doppelkupplungs-Getriebe, Beschleunigung 0-100 km/h: 8,3 sek., Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h, Normverbrauch: 4,7 l Benzin, 122 g CO2/km Preis: ab 36.850 Euro.

Dieser Artikel aus der Kategorie 4x4 Allrad Auto NEUHEITEN wurde von Klaus Brieter am 02.11.2015, 11:03 Uhr veröffentlicht.