Benjamin Bessinger/SP-X - 28. Oktober 2015, 18:01 Uhr - 4x4 Allrad NEUHEITEN
Fahrbericht Infiniti Q30 - Schwäbelnder Japaner
Bislang fährt Infiniti bei uns tief unter dem Radar. Doch mit dem kompakten Q30 will die noble Nissan-Tochter jetzt endlich ins Bewusstsein der Europäer dringen. Hilfe dafür kommt von unerwarteter Seite: Denn im Grunde ist das neue Einstiegsmodell nichts anderes als eine Mercedes A-Klasse im Kimono. Aber die Schwaben sind ja nicht der schlechteste Spender.
Das Auto, das Infiniti endlich einer breiteren Käuferschicht zugänglich machen will, ist für die Europäer allerdings ein alter Bekannter. Denn auch wenn die Karosserie ein wenig höher steht, etwas voluminöser ist und ein paar markante Kanten zeigt, steckt darunter nichts anderes als die A-Klasse von Mercedes. Dieser Deal ist eine von 13 Kooperationen, die Daimler-Chef Dieter Zetsche und Renault-Nissan-Boss Carlos Ghosn in den letzten sechs Jahren vereinbart haben und umfasst gleich auch noch einen QX30 auf Basis des GLA, der genau wie die aktuelle Neuheit bei Nissan in Sunderland produziert wird.
Mit der Plattform übernehmen die Japaner auch die Motoren, schränken das Angebot aber gegenüber Mercedes ein wenig ein. Deshalb starten sie mit drei Benzinern von 122, 156 oder 211 PS und zwei Diesel, die auf 109 oder 170 PS kommen. Und genau wie bei der A-Klasse gibt es für einige Varianten die Option auf eine siebenstufige Doppelkupplung und auf den Allradantrieb.
Obwohl es technisch also kaum Unterschiede gibt, fühlt sich der Q30 trotzdem ein bisschen anders an. Und zwar nicht nur, weil man etwas höher sitzt als in der A-Klasse. Vor allem, weil die Japaner in ihrem europäischen Entwicklungszentrum viel Geduld auf eine gelassene Feinabstimmung verwandt haben: Wo die A-Klasse bis vor dem Facelift ziemlich stramm und streng war, rollt der Q30 deshalb entspannt und komfortabel auch über schlechte Landstraßen. Nicht dass es ihm bei verschärfter Gangart an sportlichen Ambitionen mangeln würde. Aber im Grunde seines Wesens ist der japanische Frischling ein Softie, der automobile Entspannung predigt. Dazu passt es auch, dass die Doppelkupplung noch schneller und sanfter schaltet und dass der Sound des Diesels elektronisch poliert wird.
Viel Gefühl haben die Infiniti-Ingenieure auch im Innenraum beweisen - im übertragenen Sinne, weil sie die Sitze bequemer gepolstert und mehr Leder mit aufwändigerem Zierrat verarbeitet haben. Und im wörtlichen, weil es in der asiatischen A-Klasse zum ersten Mal einen Touchscreen gibt und die Navigation so endlich ohne Gefriemel bedient werden kann. Weil sie dafür ohnehin schon an den Kabelbaum im Cockpit mussten, haben die Japaner rundum gleich auch noch ihre Kameras montiert und bieten deshalb beim Rangieren den Vogelblick des Around-View-Monitors.
Da der kleine Benz im Jugendwahn, dort der auf Komfort und Wohlbefinden bedachte Japaner - welches von beiden Autos man kauft, ist nicht nur eine Frage des Standpunktes. Es ist letztlich auch eine Entscheidung, die am Standort hängt. Denn bei gerade einmal sieben Stützpunkten in Deutschland muss man entweder sehr zentral wohnen oder ziemlich lange fahren, wenn man den Infiniti haben möchte. Markenchef Roland Krüger weiß das und verspricht auch dafür baldige Abhilfe: Wenn die Stückzahlen steigen, soll auch das Netz dichter werden.
Natürlich ist es ungewöhnlich, dass ausgerechnet einer der erklärten Konkurrenten eine seiner erfolgreichsten Plattformen abtritt und Infiniti so erst den Schritt in die Kompaktklasse ermöglicht. Doch bekommt Daimler dafür von den Japanern im Gegenzug eine nicht minder bewährte und erfolgreiche Baureihe zur gefälligen Weiterverwertung: Den nagelneuen Nissan Navara. Auf seiner Basis entwickeln die Schwaben binnen zwei, drei Jahren ihren ersten Pick-Up und holen sich so die womöglich verlorenen A-Klasse-Zulassungen von der Infiniti-Schwester in einer anderen Liga glatt wieder zurück.
Infiniti Q30 - Technische Daten:
Viertüriges, fünfsitziges Steilheck der Kompaktklasse, Länge: 4,43 Meter, Breite: 1,83 Meter (Breite mit Außenspiegeln: 2,08 Meter), Höhe: 1,50 Meter, Radstand: 2,70 Meter, Kofferraumvolumen: 368 Liter
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Antrieb:
2,0-Liter-Turbo-Benzindirekteinspritzer, 155 kW/211 PS, maximales Drehmoment: 350 Nm bei 1.200-4.000 U/min, 0-100 km/h: 7,2 s, Vmax: 235 km/h, Durchschnittsverbrauch: 5,5 Liter, CO2-Ausstoß: 156 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: ka., Preis: ab 40 290 Euro
Warum: weil er selbst in der dicht besetzten Golf-Klasse richtig auffällt.
Warum nicht: Weshalb einen Infiniti kaufen, wenn man einen Mercedes will?
Was sonst: Vor allem natürlich die A-Klasse, aber auch Audi A3 und BMW Einser.
Wann kommt er: Ende dieses Jahres
Dieser Artikel aus der Kategorie 4x4 Allrad Auto NEUHEITEN wurde von Benjamin Bessinger/SP-X am 28.10.2015, 18:01 Uhr veröffentlicht.
