ALLRAD-NEWS

Ralf Schütze - 3. April 2017, 10:59 Uhr - 4x4 Allrad NEUHEITEN

Die Zukunft von Jaguar Land Rover:

Er ist Herr über zwei Automarken, die seit vielen Jahren boomen. Nicht nur deshalb hat er gut Lachen: Peter Modelhart, Geschäftsführer von Jaguar Land Rover Deutschland, schaut auch entspannt in die nahe Zukunft. Warum sich Land Rover und Jaguar trotz immer mehr Modellen auch künftig nicht ins Gehege kommen, und wie sie sich für die Zukunft wappnen, verrät der Auto-Manager im Gespräch mit dem mid.

Er ist Herr über zwei Automarken, die seit vielen Jahren boomen. Nicht nur deshalb hat er gut Lachen: Peter Modelhart, Geschäftsführer von Jaguar Land Rover Deutschland, schaut auch entspannt in die nahe Zukunft. Warum sich Land Rover und Jaguar trotz immer mehr Modellen auch künftig nicht ins Gehege kommen, und wie sie sich für die Zukunft wappnen, verrät der Auto-Manager im Gespräch mit dem mid.

Dass man den sympathischen Österreicher meist sehr gut gelaunt antrifft, hat einen triftigen Grund: Der Mann hat offenbar ein extremes Gespür für Timing. Das war bisher nicht nur am Erfolg einzelner Modelle abzulesen, die in den vergangenen Jahren gerade im deutschen Markt teils phänomenal eingeschlagen haben - wie der kleine Allrounder Range Rover Evoque oder zuletzt der erste SUV der klassischen Sportwagenmarke Jaguar namens "F-Pace". Sondern: Modelharts Timing hätte von Beginn seiner Tätigkeit an kaum besser sein können. Denn seit er 2009 die Geschicke von Jaguar Land Rover Deutschland übernommen hat, erfreuen sich die beiden britischen Traditionsmarken nahezu unglaublicher Steigerungsraten.

Peter Modelhart fasst den dauerhaften Erfolg von Jaguar Land Rover mit spürbarem Stolz zusammen: "Wir hatten 2016 das siebte Jahr in Folge mit Wachstum, sechs Jahre hintereinander mit zweistelligem Wachstum. In Deutschland waren es zuletzt sogar plus 26 Prozent." Jaguar und Land Rover zusammen haben in Deutschland inzwischen die 30.000er-Marke bei den Verkäufen überschritten. Exakt 33.156 Fahrzeuge haben 2016 die deutschen Showrooms verlassen. Peter Modelhart traut sich sogar, souverän lächelnd ein allgemeines Manager-Tabu zu brechen: "Mit diesen Zahlen kannst Du einfach nur zufrieden sein."

Zufrieden ist er offensichtlich nicht im verpönten Sinne des Wortes. Denn statt sich etwa gesättigt zurückzulehnen, schaut er entschlossen in die Zukunft: Das abermalige Rekordjahr 2016 sei vor allem gestützt auf zahlreiche neue Modelle. Herausragend dabei war die Marke Jaguar mit 75 Prozent Plus im vergangenen Jahr: "Dank unserem dynamischen Crossover F-Pace und dem ersten vollen Jahr der beiden Limousinen XE und XF hat die Marke Jaguar ihren ersten großen Sprung gemacht." Weitere sollen folgen. Da auch 2017 viele neue Modelle von Jaguar und Land Rover zu erwarten sind, ist den Briten in Hand des indischen Tata-Konzerns weiterhin starkes Wachstum zuzutrauen.

Nach Überzeugung des 1968 in Salzburg geborenen Peter Modelhart sorgt eine gezielte Modellpolitik dafür, dass es keine Gefahr von "Kannibalismus" gebe - also dem Abwerben von Land Rover-Kundschaft zu Jaguar hin oder umgekehrt: "Wir konnten in dieser Hinsicht inzwischen mit dem Jaguar F-Pace schon einiges an Erfahrung sammeln. Kunden von Land Rover kaufen nur ganz selten einen F-Pace. Das hat mit der Größe der Fahrzeuge zu tun und der Art und Weise, wie man sich darin fühlt."

Für unerwünschte Kannibalisierungs-Effekte seien beide Marken eindeutig zu unterschiedlich ausgeprägt: "Jaguar steht in erster Linie für Dynamik und spricht insofern einen speziellen Kundentypus an", so der Österreicher. Der F-Pace sei weniger ein SUV als ein Crossover, die Betonung seiner Fähigkeiten liege auf der Straße. Viele Eigenschaften des F-Pace stammen laut Modelhart von den Jaguar-Limousinen und vom Roadster F-Type. "Deshalb erlebt der Kunde einen F-Pace völlig anders, als wenn er in einem Range Rover Evoque, Range Rover Sport oder künftig in einem Range Rover Velar sitzt." Im Gegensatz zu Jaguar komme Land Rover mit den drei Modell-Familien Range Rover, Discovery und Defender aus dem Umfeld Allrad und SUV und spreche vor allem Familien als Zielgruppe an. "Der Jaguar-Kunde dagegen kommt zur Marke, weil er auf unsere Geschichte mit Sport-Limousinen anspricht. Deshalb haben wir den F-Pace als sportlichen Crossover auf den Markt gebracht", sagt Modelhart.

Als künftiger vierter Range Rover schließt der neue, 4,80 Meter lange Velar ab Spätsommer 2017 die bisher klaffende Längen- und Preislücke zwischen dem Evoque (4,36 Meter, ab 34.900 Euro) und dem Range Rover Sport (4,87 Meter, ab 62.000 Euro). Diese Lücke werde der Velar laut Peter Modelhart sehr gut ausfüllen und sich dabei nicht nur eines typischen Range Rover-Themas bedienen, sondern es noch einen Schritt weiterführen.

"Schon bei der Einführung des aktuellen, großen Range Rover haben wir 50 Prozent der Schalterkulissen reduziert. Diesen Gedanken treibt jetzt der Velar zur Spitze. Das Thema hier ist: avantgardistisch im Design, und im Innenraum reduziert auf das absolut Notwendigste. Sehr große Flächen und ein Minimum an Schalterkulisse. Drei Drehregler, und das ist es dann", stellt Modelhart heraus. Der Velar sei somit klar positioniert innerhalb der Range Rover-Familie und auch gegenüber Jaguar-Modellen: "Jaguar und Land Rover haben ganz andere Ausprägungen und sprechen ganz andere Kunden an. Auch die Preiskategorien sind unterschiedlich."

Insgesamt bewege sich der neue Range Rover Velar in dem Segment mit dem größten Volumen in Deutschland. Deshalb sei es gar nicht relevant, ob die Kunden in ihm die Alternative zu einem Audi Q5, Porsche Macan oder Mercedes GLE sehen: "Wir glauben vor allem, dass wir eine extrem große Spreizung von Fähigkeiten anbieten. Und dass wir deshalb in guter Land Rover-Tradition aus den verschiedensten Bereichen Kunden gewinnen können", ist sich der Deutschland-Chef sicher.

Höchste Allrad-Kompetenz und die größtmögliche Bandbreite an Fähigkeiten seien seit 1948 die DNA von Land Rover. Jede der drei Modellfamilien biete darüber hinaus spezielle Tugenden: Bei Range Rover sei die besondere Ausprägung Luxus mit edlen Materialien und neuen Technologien. Beim Discovery liege der zusätzliche Schwerpunkt auf Flexibilität - hoher praktischer Nutzen und viel Platz. Und die Defender-Produktfamilie werde auch in Zukunft die besten und stärksten Offroader bieten, die Jaguar Land Rover im Programm hat: Ein Defender müsse robust sein wie kein anderer. Modelharts Fazit: "Und damit sind auch künftig innerhalb der Marke Land Rover die jeweiligen Ausprägungen der drei Familien klar."

Der soeben präsentierte Fullsize-Geländewagen Land Rover Discovery (Marktstart in Deutschland: 22. April) hebe sich ebenfalls nicht nur deutlich von anderen Jaguar Land Rover-Modellen ab, sondern auch von der Konkurrenz. Peter Modelhart zum Offroad-Klassiker: "Sein wichtigstes Wesensmerkmal ist und bleibt die vollwertige Siebensitzigkeit. Und zwar so, dass in der dritten Sitzreihe auch zwei Erwachsene bequem sitzen können." Das gebe es sonst nur in ganz wenigen Fahrzeugen, und im Segment des Discovery praktisch gar nicht. Daneben habe die nun fünfte Generation des Klassikers in 28 Jahren auf breiter Ebene zugelegt. Peter Modelhart: "All das, was der Vorgänger Discovery 4 beherrschte, kann der neue Discovery 5 noch besser." Besonders imposantes Detail: Dank großzügigem Einsatz von Aluminium und Magnesium ist der neue Discovery je nach Variante bis zu 480 Kilogramm leichter als sein Vorgänger.

Damit die Marken Jaguar und Land Rover weiterhin gegenüber der Konkurrenz bestehen, wird der britische Traditionshersteller unter anderem die Elektrifizierung und alternative Antriebe forcieren. Einen ersten deutlichen Schritt stellt dabei laut Modelhart der im Herbst 2016 in Los Angeles enthüllte, vollelektrische Jaguar dar: "Der I-Pace wird bereits Ende 2018 auf den Markt kommen. Besonders das war für viele sehr überraschend: Wie schnell wir als relativ kleine Firma auf den Markt reagieren können." Das Ganze sei klar gekoppelt an eine allgemeine Strategie zur Elektrifizierung und Hybridisierung sowohl von Jaguar, als auch von Land Rover: "Bis 2020 wird 50 Prozent unseres Modellangebotes eine Option auf Elektrifizierung haben, also vollelektrisch oder als Plug-in-Hybrid." Die Zukunft von Jaguar Land Rover wird also im doppelten Sinne immer spannender. Gut möglich, dass Deutschland-Chef Peter Modelhart auch in einigen Jahren noch gut Lachen hat.

Ralf Schütze / mid

Dieser Artikel aus der Kategorie 4x4 Allrad Auto NEUHEITEN wurde von Ralf Schütze am 03.04.2017, 10:59 Uhr veröffentlicht.