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Thomas Schneider - 17. März 2017, 16:17 Uhr - 4x4 Allrad NEWS

mid-Interview: Goodyear baut Reifen mit Selbstheilungskräften

Durch Vernetzung ergeben sich völlig neue Möglichkeiten nicht nur für Autos, sondern auch für Reifen. Die Pneus der Zukunft sind schlau, erkennen den Untergrund und passen das Profil während der Fahrt an. Werden sie verletzt, starten sie einen Selbstheilungsprozess. Wohin die Reise geht, erklärt Jürgen Titz, Vorsitzender der Geschäftsführung DACH bei Goodyear, im mid-Interview.


Die Autobranche ist im Wandel - und die Reifenbranche zieht mit: Elektroautos und autonome Fahrzeuge stellen andere Anforderungen an Reifen als bisher. Und durch die fortschreitende Vernetzung ergeben sich völlig neue Möglichkeiten nicht nur für die Autos selbst, sondern auch für das Verbindungsglied zur Fahrbahn.

Die Reifen der Zukunft sind schlau: Sie erkennen den Untergrund und passen entsprechend das Profil während der Fahrt kontinuierlich an. Und werden sie verletzt, starten sie einen Selbstheilungsprozess. Diese Fähigkeiten hat Goodyears kugelförmiger Konzeptreifen Eagle 360 Urban, eine Weiterentwicklung des Eagle 360 aus dem Vorjahr. Wohin die Reise geht, erklärt Jürgen Titz, Vorsitzender der Geschäftsführung DACH bei Goodyear, im mid-Interview.

mid: Was ist der größte Unterschied zwischen Reifen, wie wir sie heute kennen und den Reifen der Zukunft?
Jürgen Titz: Sie werden ziemlich sicher sehr viel interaktiver sein. Bislang sind Reifen stumm, dabei hätten sie mit der notwendigen Ausrüstung eine Menge zu berichten - über den Untergrund, Witterungsverhältnisse oder auch ihren eigenen Zustand.

mid: Was ist dazu nötig?
Jürgen Titz: Wir müssen den Reifen quasi intelligent machen, mithilfe von Sensorik und einer Kommunikation mit dem Fahrzeug. Das wird beim autonomen Fahren noch an Bedeutung gewinnen. Die Vision - und als solche wollen wir die in Genf präsentierten Konzepte auch verstanden wissen - ist, dass der Reifen zum Beispiel erkennt, wenn die Straße glatt ist und diese Information an die Bordelektronik weitergibt. Selbstfahrende Autos könnten dann präventiv in den Wintermodus schalten. Beim Eagle 360 Urban ist ein Chip integriert, der diese Aufgabe übernehmen könnte.

mid: Aber der Kugelreifen kann noch mehr als das, oder?
Jürgen Titz: Das ist richtig. Er könnte auch mit anderen Fahrzeugen und der Infrastruktur kommunizieren und so zum Beispiel dafür sorgen, dass der Verkehr sicherer wird und flüssiger fließt. Zudem weiß der Reifen auch jederzeit nicht nur, ob der Luftdruck stimmt, sondern zum Beispiel auch, ob er noch genügend Profil hat. Erreicht der Verschleiß ein gewisses Maß, könnten die Informationen zum Beispiel an eine Werkstatt weitergeleitet werden.

mid: Und Selbstheilungskräfte hat er auch, wie zu vernehmen ist?
Jürgen Titz: Ja, das funktioniert auf molekularer Ebene. Die verletzte Stelle wird quasi mit dem vorhandenen Material wieder verschlossen.

mid: Das klingt alles ziemlich komplex und wird sich sicher auch auf den Preis niederschlagen. Wie sieht es denn bei einem solchen Reifen mit der Haltbarkeit aus, wird der ein Autoleben lang halten?
Jürgen Titz: Das ist eine wichtige Frage, die wir diskutieren. Für eine Antwort ist es aber noch zu früh. Was wir hier zeigen, ist eine mögliche Antwort auf die Herausforderungen des fundamentalen Wandels, der bevorsteht. Wir wollen zunächst die Grundfrage beantworten, was ein Reifen können muss, um dem gerecht zu werden. Der Eagle 360 wird in dieser Form sicher nicht in den kommenden Jahren in Serie gehen. Aber ein Teil der Technik ist schon so weit. Eine Umsetzung der Sensorik etwa ist innerhalb der nächsten fünf Jahre durchaus denkbar.

Dieser Artikel aus der Kategorie 4x4 Allrad Auto NEWS wurde von Thomas Schneider am 17.03.2017, 16:17 Uhr veröffentlicht.