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Thomas Schneider (vm) - 1. Juli 2015, 15:34 Uhr - 4x4 Allrad NEWS

Opel bringt den elektronischen Butler für alle

Viel mehr als 'nur' ein Notruf-System: Opel führt ab August das 'OnStar'-System sukzessive bei allen Modellen ein. Damit setzt der Rüsselsheimer Autobauer die für 2017 von der EU vorgeschriebene Pflichtausstattung von neuen Pkw mit einem Notruf-System bereits jetzt um, und das sogar in einer Deluxe-Variante.


Viel mehr als "nur" ein Notruf-System: Opel führt von August an das "OnStar"-System sukzessive bei allen Modellen ein. Damit setzt der Rüsselsheimer Autobauer die für 2017 von der EU vorgeschriebene Pflichtausstattung von neuen Pkw mit einem Notruf-System (eCall) bereits jetzt um, und das sogar in einer Deluxe-Variante. Der elektronische Butler kann noch viel mehr, wie ein Test in London gezeigt hat, wenngleich noch einige Defizite ausgemerzt werden müssen. Die Bedienung ist kinderleicht: Drei Knöpfe in der Fahrzeugdecke vor dem Rückspiegel genügen.

Die dazu notwendige Hardware ist fest in die Elektronik des Fahrzeugs verankert. Sie umfasst auch eine Antenne an der Heckscheibe, die um ein Vielfaches stärker ist als die von Mobiltelefonen. Das soll guten Empfang auch in Gebieten ermöglichen, in denen Smartphones kein Netz haben. Einige wenige Gebiete in Europa werden zum Start dennoch vermutlich nicht abgedeckt sein. In den oberen Ausstattungslinien gehört das künftig zur Serienausstattung, für die Basisvariante kostet das System 490 Euro Aufpreis. Inklusive ist stets eine 12-monatige kostenlose Testphase ohne jegliche Beschränkung beim Datenvolumen. Danach will Opel verschiedene Daten-Pakete anbieten, deren Preise noch nicht feststehen.

Im Mittelpunkt steht die Notruf-Funktion, die sich in Nordamerika bereits millionenfach bewährt hat. Dort ist die Technik bereits seit 20 Jahren erhältlich, anfangs allerdings nicht mit den heutigen Funktionen und über ein "Handset", ähnlich einem Autotelefon aus den 1990ern. Heute gibt es in den USA, Kanada, China und Mexiko schon sieben Millionen Nutzer. Im Falle eines Unfalls kontaktiert das System automatisch das Service-Center wenn die Airbags auslösen oder sich das Auto überschlägt. Alternativ kann der Fahrer über eine rote SOS-Taste manuell einen Notruf senden. Insgesamt gehen so pro Monat weltweit über 100.000 Notrufe bei OnStar ein.

Der große Vorteil gegenüber der "normalen" E-Call-Funktion, die das Fahrzeug mit der nächsten Rettungsleitstelle verbindet: In dem Service-Center helfen die geschulten Mitarbeiter jedem Nutzer in seiner Landessprache weiter. Damit entfällt die Sprachbarriere, die bei den üblichen Systemen bei Fahrten im Ausland die Kommunikation erschwert oder sogar unmöglich macht. Der OnStar-"Advisor" analysiert die Situation und gibt den per GPS ermittelten Standort des Autos sofort an die zuständige Rettungsleitstelle weiter. Das hilft nicht nur Opel-Fahrern: Denn diese können auch Unfälle anderer Verkehrsteilnehmer melden, das nennt der Autobauer "Samariter"-Funktion. Das Service-Center für Europa, wo das System im August für 13 Länder startet, befindet sich in Luton nahe London.

Und was kann OnStar noch? Zum Service gehört außerdem zum Beispiel eine Hotspot-Funktion für bis zu sieben Endgeräte über das schnelle LTE-Mobilfunknetz. Damit sind alle Insassen jederzeit und unabhängig voneinander online. Das werden etwa Eltern auf der Urlaubsfahrt zu schätzen wissen, da sich der Nachwuchs im Fond zum Beispiel durch Film, Apps oder Spiele unterhalten kann. Verbesserungswürdig ist allerdings, dass OnStar die im Auto ankommende Signalstärke nicht anzeigt.

Einmal im Monat erhalten Kunden eine Fahrzeug-Diagnose inklusive Füllständen oder Reifendruck per Mail. Macht der Wagen während der Fahrt seltsame Geräusche, kann der Fahrer sich über eine blaue Service-Taste im Fahrzeug-Himmel und die Verbindung mit einem Berater beziehungsweise eine spezielle Smartphone-App über den aktuellen technischen Zustand des Autos informieren. Ist eine Weiterfahrt nicht möglich, schickt das Service-Center einen Pannendienst. Und bei einem Diebstahl des Autos hilft OnStar der Polizei: Der OnStar-Berater übermittelt den aktuellen Standort des entwendeten Wagens. Aus der Ferne lässt sich außerdem die Wegfahrsperre aktivieren, was den Neustart des Fahrzeugs verhindert.

Praktisch: Über die Service-Taste kann der Nutzer sich bequem eine Route direkt in das Navigationssystem schicken lassen und mit einem Finger-Tipp auf den Touchscreen bestätigen. Die Navi-Funktion hat im Test insgesamt gut funktioniert. Praktisch ist das vor allem, wenn das Ziel während der Fahrt geändert werden muss, da der Fahrer nicht anhalten und keine Postleitzahlen und ähnliches heraussuchen muss. Auf dem letzten Teilstück der Testfahrt aber leitete das Navi nicht ans Ziel. Hier half dann der persönliche Kontakt. Advisor "Jay" leitete uns über eine viertel Stunde anhand der GPS-Daten zum richtigen Ort.

Ebenfalls sehr hilfreich sind die Fernbedienungs-Funktionen über die "myOpel"-Smartphone-App, die in OnStar integriert ist und ab August verfügbar sein soll. Findet ein Opel-Fahrer seinen Wagen in einem riesigen Parkhaus nicht wieder, kann er über die App Licht und Hupe des Wagens aktivieren und sich den Standort anzeigen lassen. Und vergisst er seinen Schlüssel im Innenraum und das Auto ist verschlossen, kann er es über die App entriegeln. Das geschieht häufiger als mancher denkt - monatlich mehr als 112.000 Mal weltweit - und funktioniert auch umgekehrt: Ist sich der Nutzer nicht sicher, ob er seinen Wagen verschlossen hat, kann er mit der App auf Nummer sicher gehen und ihn verriegeln - egal von welchem Ort aus. Auch der Füllstand des Tanks ist abrufbar.

Bei all diesen Funktionen, die etwa wegen der Ortung per GPS vielfach sicher wieder die Rufe von Datenschützern auf den Plan rufen, entgegnet Opel klipp und klar: Ein ungewolltes Tracking findet nicht statt. Nach dem Drücken einer "Privat"-Taste bleibt der aktuelle Aufenthaltsort verborgen. Kommt es allerdings zur Airbag-Auslösung, gibt OnStar die Standortdaten automatisch durch, so dass die Notfallhelfer schnellstmöglich an die Unfallstelle gelangen können. Die einzige weitere Ausnahme: Bei der Diebstahl-Funktion kann die Privat-Einstellung übergangen werden, aber nur wenn der Besitzer zuvor Anzeige bei der Polizei erstattet hat.

Thomas Schneider

Dieser Artikel aus der Kategorie 4x4 Allrad Auto NEWS wurde von Thomas Schneider (vm) am 01.07.2015, 15:34 Uhr veröffentlicht.