ALLRAD-NEWS

Wolfgang Tschakert (vm) - 17. Oktober 2014, 17:42 Uhr - 4x4 Allrad NEWS

Setra: Vier neue Typen in der Mittelklasse

Großer Bahnhof für Daimlers Omnibus-Edelmarke: die ComfortClass 500 als Volumen-Baureihe der Marke rüstet gleich mit vier neuen Modellen auf.

Großer Bahnhof für Daimlers Omnibus-Edelmarke: die ComfortClass 500 als Volumen-Baureihe der Marke rüstet gleich mit vier neuen Modellen auf. Jetzt reicht das Programm vom wendigen Clubbus bis zum 15-Meter-Truppentransporter. Rege Betriebsamkeit herrscht im Neu-Ulmer Omnibuswerk. Nach dem Messeauftritt auf der IAA soll auch die Markteinführung beginnen, man möchte ja die kommende Beschaffungsperiode nicht versäumen. Mit den neuen Typen schöpft Setra die ganze Breite und Tiefe des modularen Produktbaukastens aus. Die Produktmanager haben ihr Ohr nahe am Kunden, die sich wie gewohnt bei Setra eine breitere Modellpalette wünschen. Jetzt waren die neuen Reisebusse bereits auf der Straße zu erleben.

Der Maximalist vielleicht zuerst, der knapp 15 Meter lange 65-Sitzer heißt gemäß Setra-Nomenklatur S 519 HD. Wobei das letzte Kürzel für die Bauart "Hochdecker" steht, konkret für 3,80 Meter. Ein Fall für Fernlinien, gerade in Spanien ist Setra mit 15-Meter-Fahrzeugen gut im Geschäft. Er kann - je nach Bestuhlung - bis zu 71 Fahrgäste befördern. Dafür bemühen andere Hersteller schon einen Doppeldecker, der noch ganz andere Kosten verursacht. Der Kofferraum schluckt riesige Mengen Gepäck, natürlich bietet dieser Dreiachser mit zulässigen 25 Tonnen mehr als ausreichende Nutzlast. Im Heck arbeitet ein 12,8 Liter großer Sechszylinder, der natürlich Euro-6-sauber verbrennt und bis zu 350 kW/476 PS ans Getriebe schickt.

15 Meter im Stück sind natürlich eine Herausforderung für jeden Fahrer. Über sieben Meter Abstand zwischen Vorder- und Antriebsachse, die Techniker sprechen von Radstand, erfordern eine umsichtige Nutzung der Fahrbahnen. Der Wendekreis von 23,6 m spricht Bände, vor jeder Kurve muss auf rechtzeitiges Ausholen geachtet werden. Auch auf den hinteren Überhang, der weit zur Seite schwenkt. Für die Fahrgäste ist der lange Setra dann eher ein Gedicht. Er läuft überragend ruhig, seine Federung lässt die schlimmsten Straßenbauer-Sünden vergessen. Auch der Tonfall, der aus dem Untergeschoss nach oben dringt, bleibt immer moderat. Der große Sechszylinder-Diesel mobilisiert stets die Kraftreserven, die ein so großes Fahrzeug braucht. Und weil das automatisierte Getriebe seine Gänge selbst wählt und schaltet, kann sich der geforderte Fahrer auf das Verkehrsgeschehen konzentrieren.

Szenewechsel: Der Umstieg in den kurzen 511er könnte nicht krasser sein. Von 15 Meter Länge auf 10,5 Meter, hier fühlt sich der Omnibusfahrer fast sportlich inspiriert. Der beinahe legendäre Vorgänger, er heißt logischerweise S 411 HD, bekommt jetzt einen Nachfolger. Er ist nicht mehr so elitär positioniert. Er wird statt wie bisher in der TopClass jetzt in der mittelprächtigen ComfortClass angesiedelt. Beim grundsätzlichen Konzept bleibt es aber, der neue Clubbus aus Neu-Ulmer Fertigung rollt als nomineller 18-Tonner auf einem erwachsenen Omnibus-Fahrgestell, das er mit seinen längeren Baureihen-Kollegen gemein hat. Und im Heck sitzt ein starker Sechszylinder-Diesel, der aus 10,7 Litern Hubraum 290 kW/394 PS und 1 900 Newtonmeter maximales Drehmoment schöpft. Seine Antriebskraft wird von einem Achtgang-Powershiftgetriebe verarbeitet, das natürlich automatisch schaltet.

Mit fünf Meter Radstand ist der kurze Setra natürlich ein Kurvenkünstler, sein Wendekreis beträgt nur 17,5 Meter. Der Sportwagen unter den Omnibussen, gerade richtig für kurvige Bergstraßen, wo der Fahrer vor lauter Fahrspaß seine Passagiere nicht vergraulen darf. 36 Fahrgastsitze hat unser Proband, der Kunde kann sein Fahrzeug nach seinem Gusto planen: mit Mittel- oder Hecktür, mit Hecktoilette und großer Stehküche im Heck - oder großer Sitzkomfort mit nur drei Sitzen pro Reihe.

Die Baureihe bekommt auch ein neues Einstiegsmodell, das die Bezeichnung "S 515 MD" tragen soll. Das Kürzel MD soll wohl Mitteldecker bedeuten, diese Zweiachser gehen 20 Zentimeter niedriger an den Start. Die Erwartungen des Herstellers sind hochgesteckt, die MD-Fahrzeuge können nach Kundenwunsch mehr oder weniger üppig konfiguriert werden. Das beginnt schon beim Antrieb, wo die Neu-Ulmer auch den 7,7 Liter kleinen Reihensechszylinder OM 936 ins Gespräch bringen. Der tut sich zumindest im Flachland selbst mit Handschaltgetriebe nicht schwer, sein kultiviertes Laufverhalten sammelt zusätzliche Sympathiepunkte.

Deutlich kräftiger präsentiert sich freilich der nächstgrößere Diesel mit 10,7 Liter Hubraum, der durchwegs weniger Drehzahlen verlangt und sehr souverän den auf 13 Meter verlängerten S 516 MD befeuert. Ein Fahrzeug, das die Produktstrategen auch den Fernlinien-Betreibern ans Herz legen möchten. Sein Kraftstoffverbrauch soll gegenüber vergleichbaren Hochdeckern nochmals deutlich niedriger liegen, am Fahrgastkomfort wird freilich nicht gespart. Nur der Kofferraum ist kleiner, statt acht Kubikmeter finden hier nur sechs Kubikmeter Gepäck Platz. Bei den Fahreigenschaften attestieren wir den neuen Setra-Typen einen ausgewogenen Kompromiss aus hoher Komfortnote und sicherer Straßenlage. Wobei der Hersteller die unbedingte Sicherheit in den Vordergrund stellt. Der Notbremsassistent ABA (Active Brake Assist) ist immer an Bord, im nächsten Jahr kann der Kunde schon das neueste System ABA 3 bekommen. Ein Abstandsregel-Tempomat macht das Fahren sicher, der Spurassistent hält Fahrer und Omnibus auf Kurs. ESP ist ohnehin Pflicht, das kennt der Setra-Kunde bei seiner Marke schon seit Jahren.

Wolfgang Tschakert

Dieser Artikel aus der Kategorie 4x4 Allrad Auto NEWS wurde von Wolfgang Tschakert (vm) am 17.10.2014, 17:42 Uhr veröffentlicht.